„Mathes vom Hauserhof“ ist eine Erzählung frei nach Josef Huber. Darin schlüpft er selbst in die fiktive Hauptrolle des Mathes, verknüpft Kindheitserlebnisse am elterlichen Hof mit eigenen Phantasien, die einen Brückenschlag zu Mythen und Sagen sui generis bilden. In aussagekräftigen Bildern erzählt er das Heranwachsen zum jungen Mann und führt dabei den Leser in die innere Erlebniswelt, die in ständiger Wechselwirkung mit den harten Bedingungen am Hof stehen. Darin liegt die Faszination, aber zugleich die tiefe Traurigkeit der kurzen Erzählung. Mit den Worten von Mathes zu sprechen: „Den Menschen der Scholle sind die feineren Worte niemals leicht, weil sie die ernste Schwere der Erde in sich tragen.“



 

Greti (aus "Mathes vom Hauserhof")

 

Im nächsten Frühjahr traf ich die Greti beim Rataler am Wielenberg. Ich hatte eigentlich nach ihrem Vater gesucht und ihn fragen wollen, ob er unsere Schlitten reparieren könne. Er verstand sich darauf und besaß die nötigen Werkzeuge. Greti lud mich in die alte Stube, wo ich auf ihren Vater warten sollte. Er kam nicht, sie vertröstete mich aber immer wieder, dass er gleich heim kommen müsse. Als ich dennoch ging, sah sie mich an, und ich blickte in ihre tiefen Augen.

Die Begegnung ließ mir keine Ruhe mehr. Ich war zwanzig geworden und hatte noch nie eine Beziehung zu einem Mädchen gehabt. Schon am nächsten Tag ließ ich Greti durch Thomas eine kurze Botschaft zukommen. Ich wollte sie in der Wiese vor ihrem Hof erwarten. Von Sträuchern verdeckt stand dort eine Sitzbank unter einer großen Linde.

Es war gerade dunkel geworden, und Greti kam auf mich zu. Wir setzten uns auf die Bank und sprachen miteinander bis nach Mitternacht. In ihren klugen Antworten schwang ein sanfter Klang, der von mir Besitz ergriff und mich wohlig erfüllte. Ich hatte Gretis Hand genommen und hielt sie, bis wir aufbrachen.

Nur ein einziges Mal musste ich in aller Form ihre Eltern aufsuchen und um Gretis Hand ansuchen. Der Rataler war selber in den besten Jahren. Er sagte gleich zu. Auch die Bäuerin nickte würdevoll. Damit war des alten Brauchs Genüge getan. Nun durfte ich Greti meine Braut nennen. Greti war ein halbes Jahr jünger als ich. Ich hatte sie vom ersten Augenblick an als meine Frau haben wollen. Ich liebte sie und konnte mir nicht vorstellen, eine andere Frau in der gleichen Weise zu lieben.

Die Hochzeit feierten wir am Vorabend des Hochunserfrauentages im heißen August. Zum Hochzeitsfest boten unsere beiden Höfe alles auf, was sie geben konnten. Geld besaßen unsere Eltern nur wenig, aber wir bereiteten den Gästen ein Festmahl aus den Früchten unserer Erde.

In der Brautnacht küsste ich Greti zum ersten Mal. So lange hatte ich damit gewartet. Nun genoss ich den schönen, wilden Rausch des Blutes. Mein junges Leben war verwandelt.

Greti ging der Mutter mit klugem Sinn zur Hand und nahm den Haushalt nach und nach in ihre Hände, ließ aber der Mutter jedes Mal das letzte Wort. Nichts trübte das Zusammenleben der Generationen.

Auch Thomas war kein Kind mehr und betrachtete Greti wie eine ältere Schwester, die ihm in allem entgegen kam. Wir waren zufrieden mit dem Wenigen, das der Hauserhof hergab.

Ich fühlte mich stark und nahm dem älter werdenden Vater nun die schwere Arbeit immer mehr ab. Ich ackerte, züchtete Rinder, Pferde, Ziegen, Schafe, Schweine und Gänse.